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Es geht um Leben und Tod

Vortrag von Andreas Heller im Viechtacher Pfarrsaal über assistierten Suizid

Viechtach.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Verbot des assistierten Suizids für verfassungswidrig erklärt hat, ist ein Aufschrei durch einen Großteil der Bevölkerung gegangen. Dies nahm der Hospizverein Arberland zum Anlass, im Rahmen seiner gemeinsam mit der Katholischen Erwachsenenbildung ins Leben gerufenen Vortragsreihe „ENDlich leben“ einen hochkarätigen Referenten einzuladen.

„Suizidassistenz? Warum wir eine solidarische Sorge-Gesellschaft brauchen“ war das Thema von Professor Andreas Heller im Katholischen Pfarrsaal in Viechtach. Die Vorsitzende des Hospiz- vereins Heidemarie Horenburg begrüßte die zahlreichen Gäste, die für dieses schwierige Thema nicht nur aus Viechtach, Regen und Zwiesel, sondern unter anderem aus Passau angereist waren, und stellte den Referenten vor. Der in Westfalen geborene und im Rheinland aufgewachsene Dr. Andreas Heller ist Professor für Palliative Care und Organisationsethik an der Universität Graz.

Suizid und Suizidhilfe – es sei wichtig sich mit diesen Gedanken auseinanderzusetzen, so der Referent. Vor gut zwei Jahren änderte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltende Rechtsprechung: Nun ist es unter strengen Regeln erlaubt, schwer kranken Menschen beim Suizid zu assistieren. Besonders vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus müsse ein deutsches Gericht diese Entscheidung begründen, denn dieses geänderte Gesetz stelle einen Bruch mit Regeln dar, die bis dahin gegolten haben. „So wohl beim Leben als auch beim Tod liegt die Verantwortung bei den Menschen, es ist die Logik der Selbstbestimmung, die in unserer pluralen Gesellschaft das Bundesverfassungsgericht zu diesem Schluss kommen ließ“, sagte der Referent. Ein großer Bruch des neuen Gesetzes mit bis dahin felsenfest bestehenden Geboten: Nur Gott bestimmt das Lebensende. So durften Menschen, die sich selbst das Leben nahmen, bis zum 2. Vatikanischen Konzil nicht in geweihter Erde bestattet werden.

„Wessen Aufgabe ist es jedoch, Menschen vom Selbstmord abzuhalten?“, fragte der Referent. Es sei enorm wichtig, mit den gefährdeten Menschen zu reden. In den 1960er-Jahren wurde die Telefonseelsorge eingeführt damit Verzweifelte mit geschulten Seelsorgern reden können. In einer solidarischen Gesellschaft sollte es aber seiner Meinung nach auch möglich sein, mit Freundschaft und Gastfreundschaft (Hospitalitas) Suizidgefährdete zurück zuholen, sei es bei seelischen Problemen oder auch, wenn sie an einer schweren, unheilbaren Krankheit leiden. „Keiner will Teil einer Apparate-Medizin werden, der Arzt darf aber auch keine Therapie ansetzen, die nicht vom Patienten angenommen wird“, berichtete der Professor. Medizin kann behandeln, „aber es muss aufrichtig mit den Patienten gesprochen werden“.

Im Jahr 1978 entstand in Schweden das Theaterstück „Der moderne Tod“. Eine Zukunftsvision, die nicht mehr so weit entfernt sei: Die alltägliche Pflege von Alten und Kranken ist kaum mehr zu leisten, so überlegen die Regierenden im Theaterstück, wie mit Alten und Kranken umgegangen werden soll. „Wir müssen in den Menschen die Bereitschaft zum Tod einnisten, denn ohne ihre Zu stimmung ist Euthanasie nicht möglich“ – zu diesem Schluss kommen die Personen in diesem Stück. „Wir wollen niemandem zur Last fallen“, seien die Gedanken

ist ihnen Zeit und Liebe zu gebe – man braucht gute Freunde muss Freundschaften pflegen und das nicht nur in der eigenen Altersgruppe. Sich für die jüngere und

älteren Generationen zu interessieren ist echte Solidarität“ meinte der Referent. Das Mitfühlen am Schicksal anderer

Menschen, das Erkennen ihrer Verletzlichkeit und Gemeinschaftsorientierung, könne soziale Kräfte mobilisieren, die zum Engagement für die Mitmenschen führen und den Boden für eine solidarisch Gesellschaft bereiten. Den Zuhörern gab er mit auf den Weg: „Jeder soll sein eigene Leben im Hier und Jetzt leben nichts aufschieben! Wichtig ist Zeit für Freundschaften zu haben menschliche Beziehungen zu pflegen – Gefühle denken – Gedanken fühlen – Sorge zu trage für andere Menschen.“ In solch einer Solidargesellschaft setzt sich das Thema Suizid nicht in der Seele fest. − ae